Xerografie – Chester F. Carlson erschafft den Bürokopierer

In der Arbeitswelt ist Kopieren an der Tagesordnung. Wie oft haben Sie schon einen Kopierer benutzt? Die Funktion zum Vervielfältigen von Dokumenten ist heutzutage einfach nicht mehr wegzudenken. Ohne diese wäre unser Arbeitsaufwand immens: Die Vorstellung allein, ein Schriftstück jedes Mal neu abschreiben zu müssen, reicht aus, um für uns einen Albtraum wahr werden zu lassen.

Doch wie kam es zu der Entwicklung unserer heutigen Bürokopierer? Und was hat der Begriff Xerografie damit zu tun? Wer war es, der uns die Büroarbeit so angenehm gestaltet hat?
Lesen Sie in diesem Artikel mehr über den ersten modernen Fotokopierer nach dem Prinzip der Xerografie und dessen Erfinder Chester F. Carlson!

Der Kindheitstraum von Chester Carlson: Erfinder werden

Chester F. Carlson wurde am 8. Februar 1906 in Seattle geboren. Da er Einzelkind war und seine Eltern beide krank waren, musste Carlson schon früh die Rolle des Haupternährers der Familie übernehmen. An oberster Stelle standen daher kleine Jobs, die er bereits mit acht Jahren ausübte. Sein Ziel war es, der Armut ganz zu entfliehen und gleichzeitig etwas für die gesamte Gesellschaft zu tun.
Durch sein großes Interesse an der Naturwissenschaft und der Literatur fasste der junge Carlson einen Entschluss: Er wollte Erfinder werden. Für ihn war das die Lösung der Armut seiner Familie.

Carlsons Laufbahn: California Institute of Technology und Bell Telephone Laboratories

Trotz seiner zahlreichen Jobs war Carlson stets ein guter Schüler und Student. Durch außerordentliche Unterstützung eines Professors in seinem Hauptfach Physik schaffte Carlson bereits den Abschluss des Grundstudiums nach drei statt vier Jahren. So konnte er sich am California Institute of Technology bewerben und beendete das Studium dort erfolgreich im Jahr 1930. Die Weltwirtschaftskrise erschwerte Carlson jedoch die Arbeitssuche, sodass knapp ein Jahr ins Land zog, bevor er eine neue Berufsperspektive in Aussicht gestellt bekam.

1931 erhielt er endlich eine positive Rückmeldung und so eine Anstellung als Forschungsingenieur in den Bell Telephone Laboratories in New York. Carlson, der als ungeschickt bekannt war, war unzufrieden mit seiner Arbeitsstelle, da er sich nicht länger mit der Laborarbeit identifizieren konnte. Kurze Zeit später wechselte er in die Patentabteilung der Firma und wurde zur Assistenz eines Patentanwalts benannt.

Danach folgten jedoch einige Rückschläge in Carlsons Leben: Sein Vater verstarb plötzlich und er verlor durch die Weltwirtschaftskrise seinen Job bei Bell Telephone Laboratories.

Die Idee zur Entwicklung eines Kopiergeräts

Nach einiger Zeit wurde Carlson bei P.R. Mallory angestellt, einem Hersteller von elektrischen und elektronischen Bauteilen. Sein Einsatzgebiet war erneut die Patentabteilung.
Die ständige Vervielfältigung der Schriftstücke mit Schreibmaschine und Kohlepapier war Carlson schnell zu lästig. Er stellte sich während dieser Zeit ständig die Frage, wie er es schaffen könnte, das Problem der mühsamen Vervielfältigung zu lösen. Die Heirat mit Elsa von Mallon im Jahr 1934 bekräftigte ihn in seinem Entschluss, ein Kopiergerät für sein Büro zu entwickeln. Besonders um von seinen Schwiegereltern endgültig akzeptiert zu werden, benötigte Carlson mehr Geld, welches er sich ebenfalls durch die Entwicklung des Kopiergeräts erhoffte.

Der erste Schritt zur Entwicklung des Kopiergeräts: Sein Diplom als Patentanwalt erhalten. Dazu besuchte er regelmäßig die Abendschule und schaffte es letztlich, 1936 sein Diplom zu machen.
Als frisch gebackener Patentanwalt wollte er seine Idee am liebsten umgehend realisieren. Recht schnell bemerkte Carlson aber, dass ihm ein gewisses Know-how für die Entwicklung fehlte. Durch lange Recherchen in der New York Public Library und in zahlreichen Zeitschriften fand er endlich einen Ansatz, den er für das Kopiergerät verwenden konnte: Pál Selényi, ein ungarischer Physiker, beschrieb einen Vorgang, welcher auf der Übertragung von in elektrische Impulse zerlegten Bildern beruht, die auf einen Bildträger projiziert und sichtbar gemacht werden. Dieser Vorgang bildete die Basis von Carlsons Überlegungen und war eine gedankliche Weiterentwicklung des bisher existierenden Nassabzugsverfahrens.

Die erste Trockenkopie mithilfe der Elektrofotografie

Mit der Inspiration von Selényi begann Carlson nun seine Idee in die Tat umzusetzen. Ihm war klar, dass sein Budget zu gering war, um späteren Investoren einen Prototyp seiner Idee vorstellen zu können. Er versuchte seine Idee schließlich mit günstigem Material zu rekonstruieren. All diese Versuche fanden anfangs in seiner eigenen Küche statt. Später mietete er einen Raum im New Yorker Vorort Astoria und verlagerte die „Versuchsküche“ dorthin. Für weitere Versuche brauchte er aber vor allem eins: Einen Partner, der Carlson die geschickliche Arbeit abnehmen konnte. Sein erster Versuch war kläglich gescheitert.

Am 6. Oktober 1938 nahm sein neuer Assistent, Otto Kornei, das Experiment in die Hand und das mit Erfolg. Zwar waren weiterhin optische Mängel an den Resultaten zu erkennen, trotzdem verliefen die Belichtungen vielversprechend. „10.-22.-38 ASTORIA“ – das Entstehungsdatum und der Entwicklungsort standen auf der ersten erfolgreichen Kopie, die den beiden Partnern nur wenige Tage später gelungen war. Carlson meldete 1942 ein Patent auf die Elektrofotografie an, womit die Suche nach Käufern der Lizenzen begann.

Carlsons steiniger Weg nach Oben

Vereinzelte Einladungen bei Unternehmen zur Vorstellung seiner Erfindung kamen auf Carlson zu. Bei den meisten Unternehmern hielt sich die Begeisterung für die Elektrofotografie leider in Grenzen und Carlson musste viele Enttäuschungen einstecken. Eine lange Zeit konnte er kein Unternehmen von einem Kauf überzeugen, was auch an seiner Präsentationsart lag. Carlson war von Natur aus ein eher schüchterner Mensch und nicht besonders redegewandt.
Absprachen mit großen Firmen wie IBM oder Kodak verliefen mit der Zeit im Sande und Carlson konzentrierte sich inzwischen primär auf seine Position als Leiter der Patentabteilung bei P.R. Mallory. Der Versuch, die Elektrofotografie weiter zu vermarkten war bislang gescheitert.

Carlsons Durchbruch mit der Xerografie

Das Geschäft mit der Elektrofotografie kam durch das Battelle Memorial Institute wieder ins Rollen. Carlson wurde gebeten, seine Erfindung dort vorzustellen. Die Reaktion der Anwesenden auf die Elektrofotografie war so positiv, dass Battelle direkt im Herbst 1944 einen Lizenzvertrag abschloss. Ebenfalls bei der Vorstellung anwesend waren zwei Vertreter des Unternehmens Haloid. Diese unterschrieben 1946 einen Lizenzvertrag bei Battelle, sodass Haloid die Berechtigung zum Bau der Kopiermaschine besaß. Battelle und Haloid beabsichtigten die Elektrofotografie bei der Optical Society of America Versammlung in Detroit durch einige Präsentationen groß rauszubringen. Da der Name „Elektrofotografie“ laut Haloid und Battelle jedoch nicht sehr ansprechend war, erschufen sie kurzerhand den Namen „Xerografie“, der sich aus dem Lateinischen ableitet und so viel bedeutet wie „trocken drucken“ – als Anlehnung an die Verfahrensweise der Xerografie.

Wie funktioniert Xerografie?

Zunächst wird eine Selenplatte durch einen speziellen Draht elektrostatisch aufgeladen. Eine Selenplatte wirkt bei Licht leitend und bei Dunkelheit isolierend.
Der zweite Schritt ist das Belichten der Platte. Das Originalbild wird gespiegelt auf die Selenplatte projiziert. Das Bild erscheint am Ende auf der Selenplatte durch positive Ladungen, da das Originalbild nur an den hellen Stellen reflektiert und sich somit dort entlädt.
Die Entwicklung macht das Bild für das menschliche Auge erst richtig sichtbar. Der Entwickler besteht aus zwei Teilen, Träger und Toner. Bei der Mischung beider Komponenten entsteht Reibung, welche dafür sorgt, dass der Toner negativ und der Träger positiv geladen wird. Der Entwickler wird über der Selenplatte verstreut. Dabei bleibt nur der Toner an der Selenplatte haften, da der Toner schwächer geladen ist als die Selenplatte. Durch eine Art Staubschicht ist nun das Bild zu erkennen, jedoch noch nicht fixiert.
Um im nächsten Schritt das Bild der Selenplatte auf ein Papier übertragen zu können, muss dieses so stark positiv geladen werden, dass der Toner sich von der Selenplatte löst und am Papier haften bleibt.
Damit das Abbild nun fixiert werden kann, muss das Papier erhitzt werden. Der Toner „klebt“ nun förmlich am Blatt und die Kopie ist mithilfe der Xerografie fertiggestellt.

Zukünftige Entwicklungen des „Xerografen“ Chester Carlson

Nachdem eine so große Nachfrage ins Haus stand, startete Haloid mit der Produktion des ersten xerografischen Bürokopierers mit dem Namen „XeroX Model A“, unter den Mitarbeitern auch als „Ox-Box“ bekannt. Erste Käufer des Bürokopierers schickten diesen jedoch an Haloid zurück, mit der Begründung: Der Bürokopierer sei zu teuer und rentiere sich somit nicht ausreichend.

Der seit 1948 bei der Firma Haloid angestellte Carlson half nun bei der Weiterentwicklung des Bürokopierers. Gemeinsam mit Haloid entwickelte Carlson verbesserte Modelle des ursprünglichen „XeroX Model A“.

Carlson übertrug nach mehreren Jahren gemeinsamer Arbeit schließlich alle Rechte an der Xerografie an Haloid. Die Firma Haloid wurde in die heute bekannte „Xerox Corporation“ umbenannt. Auch zu lesen hier: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Der-Kopierer-wird-75-die-besten-Zeiten-sind-vorbei-1982304.html

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